Der schlimmste Gast – ein Hotelier

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Zu Gast im eigenen Gewerbe. Wenn der Hotelfachmann, die Restaurantleiterin, die Hausdame oder der Chef de Partie sich täglich größte Mühe geben, um ihre Gäste zufrieden zu stellen, sei auch ihnen der langersehnte Urlaub gegönnt. Doch was passiert, wenn der Mann bzw. die Frau vom Fach plötzlich selbst zum Gast wird?

Seinen Beruf in der Freizeit abzulegen, ist äußert schwer. So geht es jedoch nicht nur euch. Kein Friseur dieser Welt kann mir erzählen, dass er bei der Begrüßung seiner Freunde nicht zuerst einen Blick auf die neue Tönung wirft oder dass Schuhverkäufer fremde Menschen nicht anhand ihres Schuhwerks kategorisieren und gelernte Banker den abzuschließenden Kontovertrag viermal prüfen, bevor sie sich für die Eröffnung eines klassischen Girokontos entscheiden. Der Beruf ist eben in gewisser Art und Weise eine Berufung, die wir verinnerlicht haben. Man selbst kennt die Tücken, Tricks und Standards seiner Branche am besten und weiß, worauf es zu achten gilt.

Spätestens seit der Fernsehsendung „Mein himmlisches Hotel“, die im Oktober letzten Jahres  auf VOX startete, ist die Penibilität von Hoteliers und ihren Mitarbeitern bewiesen. In diesem Format öffneten Hoteliers ihre Zimmer für die Konkurrenz, um sich am Ende des Tages gegenseitig zu bewerten. Eines ist klar: Hier wurde an so manchem Haus kein einziges gutes Haar gelassen. Doch abgesehen von diesem Konkurrenzkampf im nachmittäglichen TV-Programm, das neben den kuriosen Darstellungen höchstkomischer Familienfälle auf anderen Sendern ein wahres Highlight der Unterhaltung war, geht es im Urlaub doch eigentlich ums Entspannen, Erholen und ums Kopf abschalten. Und plötzlich kommen sie eben durch, sie lassen sich nicht abstellen: die Berufsmacken!

Bevor überhaupt an der Rezeption eingecheckt wird, werden die Empfangsmitarbeiter bereits auf die Probe gestellt. Klingelt das Telefon mehr als 3x bevor jemand den Hörer abnimmt und wie schnell verläuft das Einchecken des Gastes vor mir in der Schlange? Nachdem wir selbst unsere Zimmerkarte in der Hand halten und uns jemand den Weg zum Zimmer zeigt, sind dem Kontrollwahn keine Grenzen mehr gesetzt. Meister Proper höchstpersönlich wird in uns wach. Direkt fährt der Finger über das oberste Regal und über den TV-Bildschirm. Ränder an den Gläsern für die Getränke in der Minibar sind genauso inakzeptabel wie Schlieren am Badezimmerspiegel. Apropos Badezimmer. Im Bad lauert man in den Ecken nach Haaren des vorherigen Gastes und checkt zuletzt die Sauberkeit unter der Toilettenbrille. Erbsenzähler unter uns und solche, die keine Angst vor Ekelattacken haben, nehmen sogar die Matratze hoch und werfen einen Blick unters Bett. Nachdem der Koffer ausgepackt ist und die Lieblingskleidungsstücke an den ausreichend vorhandenen Kleiderbügeln im Schrank aufgehängt wurden, muss sich erst einmal gestärkt werden.

Weiter geht’s im Restaurant: Typisch für den 4-Sterne Sommerurlaub in der Hotelanlage ist ein klassisches Buffet. Die Mäuler der 400-Betten-Hochburg wollen nun mal gefüllt werden. Wie lange stehe ich an? Sind die Speisen frisch und vor allem noch warm, wenn ich nach einem ehrgeizigen Ellenbogenkampf endlich einen Sitzplatz für mich und meine Begleitung ergattert habe? Ist der Tisch korrekt eingedeckt und die Serviette ordentlich gefaltet? Wenn zuletzt der Restaurantfachmann das Emblem des Glases nicht Richtung Gast dreht und der Henkel der Espressotasse nicht nach rechts zeigt, ist der Abend gelaufen. Von Unfreundlichkeit gar nicht erst zu sprechen. Und was wäre es für eine Tragödie, wenn die Mousse au Chocolat vom Küchenchef schlechter schmeckt als die Fertigmischung aus dem Supermarkt? Es sind manchmal die kleinen Dinge des Urlaubs, die Hotelfachleuten die Stimmung vermiesen können.

Außerdem typisch für Leute vom Fach: Sie wissen sich zu beschweren. Wenn etwas nicht ihren Vorstellungen, oder sollte man besser sagen, den allgemeinen Hotelstandards entspricht, kann man dies selbstverständlich anmerken. Während andere Hotelgäste damit hinterm Berg halten, wissen Hotelspezialisten ihre Beschwerde vorzubringen. Man weiß eben, wie man es besser machen kann. Es ist wie ein kleines Coming-Out: „Meine Damen und Herren, ich selbst arbeite in einem Hotelbetrieb und kann Ihnen genau sagen, worauf es ankommt.“ Aber wem schadet es schon, wenn das Urlaubspersonal weiß, mit wem sie es zu tun haben? Euch jedenfalls nicht! Der Gast ist König, das ist überall bekannt. Und so, wie man sich selbst um die Zufriedenheit der Gäste kümmert, erwartet man es von anderen. Selbst wenn es sich dabei um einen deutschen Gast hast: penibel, organisiert und Strandliegen-mit-Handtuch-Reservierer.

Kleinkariertheit hin oder her. Wahrscheinlich würdet ihr gar nicht erst  das beschriebene Hotel buchen, da ihr wisst, was euch erwartet. Auch auf die gängigen Beschönigungsversuche des Spanienkatalogs, in dem die unerträgliche Lautstärke des Weltpublikums als positive „internationale Atmosphäre“  verkauft wird, fallt ihr gar nicht erst herein. Lebt ihr nicht gewissermaßen von eurem fachlichen Branchen-Know-how, von Hotelempfehlungen der Kollegen und an der einen oder anderen Stelle von Expedientenrabatten? Ihr wisst sicher, wo es sich lohnt, einzuchecken…

Gastbeitrag von: Nicole Girod

Nicole Girod ist Studentin der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Duisburg – Essen. Seit Mai 2013 unterstützt sie unser Team tatkräftig im Bereich Online-Marketing.

 

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Verfolgen Lisa N.:

Nach einem Masterstudium an der Universität Hamburg, habe ich erfolgreich ein Volontariat in einer PR-Agentur absolviert. Bei der YOURCAREERGROUP bin ich seit November 2014 für das B2C Marketing und den Pressebereich zuständig. Weitere Informationen zu mir gibt es auf XING.