Die Berufsunfähigkeitsversicherung – Ja, nein, vielleicht?

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Es klingt wie Autolärm in meinen Ohren: „Deine Arbeitskraft ist dein Kapital, ohne die du dein Leben nicht selbstständig meistern kannst“. Überall und von allen Seiten werden wir auf die Gefahren des Lebens hingewiesen und können uns gegen Gott und die Welt versichern. Ja ja, denkt man sich und bucht lieber den nächsten Sommerurlaub statt das gutverdiente Geld einer vermeintlich seriösen Versicherungsfirma zu überweisen. Schließlich hat man mehr vom Sonnenbaden als von einer Versicherung, die möglicherweise nie in Anspruch genommen wird. Aber was passiert, wenn das Leben nicht wie im Bilderbuch mit „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“ endet? Laut des größten deutschen Versicherers Allianz wird jeder Fünfte Arbeitnehmer berufsunfähig. Ist das Risiko womöglich höher als angenommen? Und lohnt sich die Versicherung auch für Jobs im Büro? Wir sagen es euch!

„Berufsunfähig“ – Was heißt das eigentlich?

Im Sinne der privaten Berufsunfähigkeit ist derjenige berufsunfähig, der seine bisherige Tätigkeit bzw. seinen erlernten Beruf aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit voraussichtlich über einen längeren Zeitraum (in der Regel ab 6 Monate) oder andauernd nicht mehr bzw. nur noch begrenzt nachgehen kann. Bei der Erwerbsunfähigkeit kann im Gegensatz gar keine Tätigkeit mehr ausgeführt werden.

Mir passiert doch eh nichts! Wirklich?

Der erste Gedanke, der einem bei „Berufsunfähigkeit“ in den Sinn kommt, ist eine schwere unheilbare Krankheit. Das ist zwar nicht falsch, hinter dem Begriff steckt aber weit mehr. Kleine und große Unfälle im Alltag oder eine plötzlich auftretende Allergie können dazu führen, deinen ursprünglichen Job nicht mehr ausführen zu können. Was ist eine Hausdame mit einer schweren Hausstaub- oder Putzmittelallergie? Und ein Restaurantfachmann, der seit einem Fahrradsturz bei der letzten Vatertagstour starke Rückenschmerzen bei langem Stehen bekommt, kann leider auch niemand mehr gebrauchen. Ziemlich blöd, wenn durch unvorhergesehene Ereignisse der Job zur Qual wird. Es ist der Alltag, der so manch Tücke bereit hält. Sei es die Rolltreppe im Kaufhaus, die Fußgängerampel an der stark befahrenen Kreuzung oder der Wochenendespaziergang, bei dem du umknickst und aus einer Bänderdehnung eine Gelenksarthrose entsteht. Neben diesen körperlichen Gefahren sind es aber ebenso die geistigen Fähigkeiten, die eine Berufsunfähigkeit zur Folge haben können. Übermäßiger Stress und Überlastung führen irgendwann zum Burn-Out und damit zur Berufsunfähigkeit. Psychische Beschwerden nehmen sogar 30% aller Berufsunfähigkeitsfälle ein.

Insbesondere die Hotellerie und Gastronomie birgt ein nicht zu unterschätzendes Risiko an Gefahren. Der Koch, der stets mit heißen Platten und scharfen Messern arbeitet und die Hotelfachfrau, die täglich im ganzen Hotel unterwegs ist und mit den unterschiedlichsten Tätigkeiten konfrontiert wird, haben ein höheres Risiko für Unfälle als andere. Dabei muss nicht immer der Beruf risikoreich sein. Wie sieht es mit deinen Hobbys aus? Selbst wenn du beruflich hauptsächlich am Schreibtisch sitzt, kann der Kletterausflug, der Tauchurlaub oder der lang ersehnte Paragliding Flug am Wochenende dein Verletzungsrisiko drastisch erhöhen.

Warum eine Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die Sichtweisen zur Berufsunfähigkeitsversicherung (kurz: BU) gehen weit auseinander. Für die einen ist sie so wichtig wie das Abschließen einer Haftpflichtversicherung, andere halten sie für vollkommen überbewertet. In irgendeiner Weise lässt sich die negative Meinung zur BU sogar nachvollziehen. Fakt ist, dass die wenigsten Menschen im Laufe ihres Arbeitslebens berufsunfähig werden. Ist dies der Grund, weswegen ich keine BU benötige? Nein! Vielmehr sollte man sich die Frage stellen: Was ist mit denen passiert, die leider kein Glück hatten und berufsunfähig wurden, obwohl sie nicht abgesichert waren? Auszug aus der geräumig hellen Wohnung, Verkauf des eigenen Autos, keine Urlaubsbuchungen und der Shoppingtrip am Wochenende fällt leider auch flach. Ohne Moos nichts los – das weiß jeder.

Wenn das sichere Einkommen wegfällt, kannst du deine Lebenskosten nicht mehr decken und bist gezwungen, deinen Lebensstandard zu senken. Für viele ist der Beruf außerdem eine Berufung, sprich der eigentliche Sinn ihres Alltags, der uns doch in gewisser Art und Weise Selbstbestätigung gibt. Ohne Beruf hat deshalb leider schnell das selbstbestimmte Leben ein Ende. Besonders für junge Menschen, die eventuell Familie haben, gehört die Berufsunfähigkeit zu den größten finanziellen Risiken. Außerdem fallen bei früher Berufsunfähigkeit die Renteneinzahlungen weg, die später für die Berechnung deiner eigenen Rente herangezogen werden. Besonders Arbeitnehmer im Gastgewerbe sind auf ihre körperlichen Fähigkeiten angewiesen. Sie sind die Basis ihrer Tätigkeit, ohne die die Berufsausübung nicht möglich wäre.

Wer denkt, dass der Sozialstaat für die fehlenden Einkünfte aufkommt, hat sich gewaltig getäuscht. Auf die Erwerbsminderungsrente ist zwar Verlass, aber in welcher Höhe? Sicher nicht die, um das bisherige Leben weiterzuführen. Oder reichen dir bei einer vollen gesetzlichen Erwerbsminderungsrente 30% des vorherigen Bruttogehalts? Eine gute BU zahlt dagegen schon, wenn der Beruf zu 50% nicht mehr ausgeübt werden kann.

Wie funktioniert eine BU?

Das Prinzip der Berufsunfähigkeitsversicherung ist simpel: Regelmäßig zahlst du einen individuell errechneten Monatsbeitrag. Im Falle einer ärztlich bestätigten Berufsunfähigkeit im festgelegten Grad der Invalidität, die zeitlich andauernd ist, zahlt die Versicherung bis zum Beginn des Rentenalters (65 bzw. 67) oder bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit eine BU-Rente. Dies sichert dir eine grundlegende finanzielle Basis.

Es gibt zwei Möglichkeiten eine BU abzuschließen. Zum Einen kann sie als Zusatzversicherung (BUZ) zu einer Lebens- oder Rentenversicherung vereinbart werden, zum anderen als eigenständige Versicherung (SBV) ohne jegliche Kopplung an einen anderen Vertrag. Welche Option für dich die bessere ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, über die dich dein Versicherungsexperte des Vertrauens aufklären kann. Der Vorteil der BUZ ist möglicherweise der geringere Beitrag, ein Nachteil jedoch die Kopplung, die es nicht ermöglicht die BU ohne Lebensversicherung weiterlaufen zu lassen.

Ein großer Kritikpunkt der BU ist der zu entrichtende Beitrag. Er wird individuell errechnet und berücksichtigt vielerlei Umstände:

  • Das Eintrittsalter (je früher desto besser)
  • Der zum Vertragsabschluss bestehende Gesundheitszustand (Gesundheitsprüfung)
  • Die Berufsgruppe für die Risikoeinstufung
  • Die Höhe der gewünschten Rente
  • Die Leistungsdauer (z.B. bis zum Renteneintritt)
  • Die Möglichkeit der abstrakten Verweisung (Vorbehalt der Versicherung, dass der Berufsunfähige (irgend-)eine andere Tätigkeit alternativ ausüben könnte)
  • Versicherungsdauer (Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherungsfall eintritt)

Tipps rund um die BU

Gemein, diese fiesen Vertragszusätze auf der letzten Seite in Schriftgröße 8, die kein Mensch versteht. Auch wenn es nervig ist den BU-Vertrag ausführlich zu studieren, so ist es unerlässlich. Darauf solltest du besonders achten:

  • Versicherungen wissen unglücklicherweise sehr genau, dass das Gastgewerbe ein erhöhtes Risiko bereit hält. Vergleiche daher verschiedene Versicherungen. Deine exakten Tätigkeiten im Arbeitsalltag werden möglicherweise je nach Versicherer unterschiedlich risikoreich eingestuft, was sich letztlich auf den Beitrag und/oder die Leistungsdauer auswirkt
  • Die „abstrakte Verweisung“ ist in der Regel in den neuen Verträgen nicht mehr vorhanden. Überprüfe es dennoch lieber zweimal, um nicht am Ende des Tages Rentenzahlungen verweigert zu bekommen, da du in der Lage wärst anderen Tätigkeiten nachzugehen, unabhängig davon, ob diese zu deinem Berufsbild passen
  • Der Prognosezeitraum für die Berufsunfähigkeit sollte 6 Monate betragen, nicht viel länger
  • Eine zinslose Stundung sollte möglich sein
  • Ebenso wie eine Nachversicherungsgarantie (Anpassung des Vertrags bei Heirat, Kinder, Jobwechsel – ohne erneute Gesundheitsprüfung)
  • Die Gesundheitsprüfung musst du wahrheitsgemäß und vollständig erfassen. Bei späteren Unstimmigkeiten behält sich die Versicherung ansonsten die Rentenzahlung vor
  • Die Möglichkeit der Beitragsfreistellung sollte gegeben sein (z.B. bei Arbeitslosigkeit)
  • Auch wenn dein Budget es eigentlich nicht zulässt, ist die Berufsunfähigkeitsrente nicht zu knapp zu kalkulieren. Im Zuge der Inflation haben heutige 1000,- Euro in 30 Jahren leider nicht mehr den gleichen Wert
  • Für diejenigen unter euch, die beispielsweise mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, ist eine „Infektionsklausel“ sinnvoll. Sie sichert ab, dass im Falle einer Infektion, bei der ein Berufsverbot einer Behörde (z.B. Gesundheitsamt) verhängt wird, die Versicherung bereits greift, auch wenn die Arbeit theoretisch noch ausgeübt werden könnte

Die Kehrseite der Medaille

Die Lobeshymne der BU ertönt in leiseren Tönen, wenn sich unser eins die Beiträge anschaut. Sie liegen etwa zwischen 60,00 und 300,00 Euro. Deshalb empfiehlt es sich den Vertrag so früh wie möglich abzuschließen -sei es als Azubi oder Student. Da mit zunehmendem Alter die Gesundheit leidet, ist das frühzeitige Kümmern doppelt wichtig. Bei einem relativ geringen Lohn überlegt man sich schließlich dreimal, ob die Versicherung sinnvoll für einen ist.

Wer trotzdem erst später daran denkt seine BU abzuschließen, kann unter ungünstigen Umständen abgelehnt werden. Zum Vertragsabschluss vorliegende psychische Vorerkrankungen oder starke Rückenbeschwerden können mögliche Gründe dafür sein. Und wer dennoch eine abschließen darf, muss mit hohen Zuschlägen rechnen. Lass dich an dieser Stelle gut beraten. Vielleicht ist eine gute  Unfallversicherung, eine Körperschutz Police oder der Erwerbsunfähigkeitsschutz für dich geeigneter?

Fazit

Selbstverständlich muss jeder für sich selbst entscheiden wie risikofreudig er in Bezug auf sein Arbeitsleben, seine Einkünfte, seine Familie und seinen Lebensstandard sein möchte.

Vermutlich lässt es uns ruhiger schlafen, wenn wir uns um den Schutz der besagten Angelegenheiten keine Sorgen machen müssen. Wer rechnet außerdem damit, dass ausgerechnet ihm etwas passiert? Doch selbst ohne waghalsige Hobbys und stark körperlichen Tätigkeiten im Beruf, kann uns die Berufsunfähigkeit treffen. Neben den Sorgen der nicht vorhandenen gesetzlichen Rente, sollen wir uns also auch noch mit Ängsten der Berufsunfähigkeit plagen? Das Konto schnappt nach Luft, wenn die Monatsbeiträge der Versicherung abgebucht werden, aber das persönliche Gewissen und die innere Ruhe sind es wahrscheinlich umso mehr Wert, dem Risiko des finanziellen und damit des sozialen Abstiegs aus dem Weg zu gehen. Nicht umsonst betitelt der Focus die Berufsunfähigkeitsversicherung als die „wichtigste Versicherung“ überhaupt.

 

Gastbeitrag von: Nicole Girod

Nicole Girod ist Studentin der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Duisburg – Essen. Seit Mai 2013 unterstützt sie unser Team tatkräftig im Bereich Online-Marketing.

 

 

 

 

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Verfolgen Lisa N.:

Nach einem Masterstudium an der Universität Hamburg, habe ich erfolgreich ein Volontariat in einer PR-Agentur absolviert. Bei der YOURCAREERGROUP bin ich seit November 2014 für das B2C Marketing und den Pressebereich zuständig. Weitere Informationen zu mir gibt es auf XING.