Fernstudium – Ja, nein, vielleicht?

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Ein Fernstudium zur Weiterbildung oder auch berufsbegleitend, um schon während des Masters berufliche Erfahrung zu sammeln, ist der neue Megatrend. Die Universitäten verzeichnen einen stetigen Zulauf neuer Studenten. Dies hat natürlich seine Gründe, denn auf den ersten Blick erscheint ein Fernstudium sehr attraktiv und zudem auch weitestgehend risikofrei. Hier sollte man sich nicht zu früh freuen, denn die Traumvorstellung des flexiblen Lernens unter den Palmen des hawaiianischen Strandes hat auch ihre Tücken und Stolpersteine zu bieten, vor denen man sich unbedingt in Acht nehmen sollte. Im Folgenden klären wir euch über die sonnigen und die schattigen Seiten eines Fernstudiums auf, sodass ihr auf fundierter Basis entscheiden könnt, was ihr in Zukunft machen wollt und welche Form des Studierens ihr bevorzugt.

Die positiven Aspekte eines Fernstudiums…

Ein Fernstudium erscheint insoweit äußerst attraktiv, dass es sowohl räumlich als auch zeitlich flexibel abläuft. Man kann demnach studieren wann, wo und wie man möchte, ohne dass man in Not gerät, weil man sich an enge, zu kurz geratene Fristen halten muss. Ob im Sommer eine Vorlesung am See, im Winter ein Seminar bei alkoholfreiem (sonst sinkt die Konzentration natürlich rapide) Punsch und Zimtstollen und der rege Austausch mit den Kommilitonen, nachts, wenn man mal nicht einschlafen kann, über das dennoch gut besuchte Online-Portal: Zeit und Raum werden beim Fernstudium zu einer wandelbaren, flexiblen Größe. Lernen und sich austauschen ist überall möglich. Des Weiteren läuft ein Fernstudium, wie man sieht, nicht im klassischen Frontalunterricht, sondern man nutzt hier alle erdenklichen Medien. Internet und Telefon werden hier zu den bevorzugten Lehrmedien, doch genau durch dieses ungewöhnliche, sehr moderne und interaktive Konzept des Lernens kommt Spaß und Abwechslung auf. Im Grunde benötigt man für ein funktionierendes Fernstudium nur einen Internetanschluss. Hier erschließt sich ein weiterer Vorteil: Die Hörsäle werden immer voller. Teilweise versteht man den Dozenten nicht, weil man gefühlt einen Kilometer vom Professor entfernt einen Platz ergattert hat und weil die Leute vor, neben und hinter einem entweder essen, kauen oder auch ganz dreist in der Vorlesung telefonieren. Ja, dies ist die bittere Hörsaal-Realität, die einen an zahlreichen deutschen Universitäten erwartet und es wird, dank steigender Studentenzahlen, auch jährlich schlimmer. Teilweise sitzen die Studenten bereits auf den Treppen oder in den Gängen – eine angenehme Lernatmosphäre sieht da wohl völlig anders aus. Diese könnte eher der heimische Schreibtisch sein: viel Ruhe, vielleicht leise Musik, leckere Snacks, Platz, und einen Schreibtisch ganz für sich alleine. Hier kann man sich die Vorlesungen in Ruhe anhören, ohne dass der Sitznachbar nervt und man die Hälfte des Gesagten erraten muss. Ebenfalls vorteilhaft ist die postalische Zusendung der Studienunterlagen oder der Upload dieser auf diversen Plattformen. Hier kann man sich sicher sein, dass man alle notwendigen Unterlagen auch beisammen hat, was bei den Präsenzuniversitäten beispielsweise dann nicht der Fall ist, wenn der Dozent in einem Kurs etwas ausgeteilt hat, in dem ihr nicht anwesend wart. Auch ist an Fernuniversitäten der persönliche Kontakt zum Dozenten unproblematisch, denn man bekommt meist persönliche Betreuer zugeteilt, die  Fragen telefonisch beantworten können. Dies ist an normalen Universitäten natürlich unüblich und meist wird der persönliche Kontakt zwischen Dozent und Studierendem auch noch durch die Vielzahl der Studenten erschwert, die zu den knapp bemessenen Sprechzeiten ein Gespräch verlangen. Lange Wartezeiten und unzureichende Problembehandlung sind häufig die Folge dessen. Auch für Berufstätige ist ein Fernstudium ideal, um das Projekt „lebenslanges Lernen“ umzusetzen ohne Knicke in die Karriere zu schlagen. Ein Studium an einer herkömmlichen Universität würde nämlich erfordern, dass man seinen Beruf aufgibt, um sich voll und ganz dem Studium hingeben zu können. Auch die finanzielle Unabhängigkeit ginge auf diesem Wege schnell verloren. Durch das Konzept Fernuniversität wird dieses Problem gekonnt umgangen, denn hier hat man die Chance, beides unter einen Hut zu bringen. Dieses Engagement und die Disziplin, die man damit zum Ausdruck bringt, hat zudem den positiven Effekt, dass der Arbeitgeber einen mehr zu schätzen weiß, da er sieht, wie viel Energie man in seine berufliche Laufbahn investiert. Teilweise entlohnen die Arbeitgeber dies sogar durch einen zeitlichen oder finanziellen Bonus. Auch erfordert ein Studium ein gutes Zeitmanagement, eine hervorragende Organisation des gesamten Lebens und man muss außerdem in der Lage sein, sich selbst zu motivieren und anzuspornen. Dies sind interessante Soft Skills für Arbeitgeber – daher genießen Studenten von Fernuniversitäten ein hohes Renommee bei den Chefs. Ein weiterer Vorteil für Berufstätige ist, dass sie die Möglichkeit haben, die Impulse, die ihnen das Fernstudium mitgibt, direkt in den Beruf einfließen zu lassen. Sie können dort sofort erproben, was sie gelernt haben und bereichern damit auch ihren Posten. Wer ein Vollzeitstudium macht, hat diese Chance nicht und muss erst bis zum Ende des Studiums warten, bis er das Gelernte nutzen kann.

Gerade für Berufstätige ist ein Fernstudium eine durchaus sinnvolle Option, um sich weiter zu entwickeln, höhere Posten zu besetzen oder einfach einen studentischen Abschluss nachzuholen. Wer in einem Betrieb beschäftigt ist, kann sich vom Chef unter die Arme greifen lassen, denn das Engagement wird meist durch finanzielle oder zeitliche Mittel unterstützt. Auch für jene, die nebenbei nicht arbeiten, aber dennoch ein Fernstudium anstreben, bieten sich deutliche Vorteile: keine überfüllten Hörsäle, Selbstmanagement, Flexibilität, Vielseitigkeit und Spaß. Das Fernstudium hat von diesen Aspekten her das Potential sich zu einer ganz neuen Form des Lernens und Lehrens zu entwickeln.

… und alles hat auch seine Schattenseiten

Wie man sieht, ist ein Fernstudium nicht zu Unrecht zu einem großen Trend unter den wissbegierigen, engagierten Studieninteressierten geworden, denn es bietet Vorzüge, mit denen herkömmliche Universitäten nicht dienen können. Allerdings bringt auch das Fernstudium große Nachteile mit sich, die nicht zu unterschätzen sind. Zunächst einmal ist das Modell eher für jene gedacht, die sich die verfügbare Zeit bestens einteilen können und sowohl Privatleben, Beruf und Studium unter einen Hut kriegen. Das Fernstudium wird zu einer ganz besonderen, persönlichen Herausforderung, in welcher Timing, Planung und Organisation das A und O sind. Auch muss man sich selbst ständig motivieren können, obwohl niemand einem sagt, dass man lernen oder sich vorbereiten solle. Es geschieht alles von einem selbst ausgehend und vollkommen ohne Zwang. Bei einem normalen Studium sind zwar die Mobilität, die Flexibilität und die Zeiteinteilung eingeschränkt, beziehungsweise vorgegeben aber dafür wird man stets unter Strom gesetzt, durch Fristen und andere Termine. Dies hat den positiven Effekt, dass viele überhaupt erst zum Lernen auf diesem Wege motiviert werden. Ein weiterer Nachteil ist natürlich der Preis eines Fernstudiums, denn dieser liegt im Regelfall deutlich höher als der Studienbeitrag, den man an normalen Universitäten entrichten muss. Zwar gibt es mittlerweile auch Einrichtungen, wie die Fernuniversität Hagen, in der man nicht mehr solch horrende Beiträge zahlen muss, aber dennoch erheben viele Anbieter immer noch katastrophale Kosten. Viele Fernuniversitäten  erfordern nicht nur Studiengebühren, sondern auch Gelder für Arbeitsmaterialien und Prüfungen. Hier muss man aber dazu erwähnen, dass es für solche Fälle auch Finanzierungshilfen gibt. Diese werden beispielsweise von der staatlichen Seite angeboten in Form des Prämiengutscheins oder dem sogenannten Meister-BAföG, ein Fernstudium ist aber auch zusätzlich steuerlich absetzbar und wenn man einen netten Chef hat, der Weiterbildungsmaßnahmen fördert, kriegt man sogar innerbetrieblich finanzielle Hilfen. Auch können Präsenztage zum Problem werden, wenn diese beispielsweise in sehr weit entfernten Städten abgehalten werden oder man dafür alle verfügbaren Urlaubstage aufbrauchen muss, weil der Chef einen nicht freistellt. Zusätzlich ist ein Fernstudium, wie bereits erwähnt, eine enorme organisatorische Belastung, durch die auch andere Aktivitäten durchaus zu kurz kommen können. Hier muss man erwähnen, dass Fernstudien gerade dann, wenn sie neben dem Beruf durchgeführt werden, länger dauern als ein normales Vollzeitstudium. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass man den Druck, den man sich durch das Fernstudium zumutet, jahrelang ertragen muss. Dieser Umstand bedingt auch die erhöhte Abbrecherquote, die viele Fernstudiengänge mit sich bringen. Im Jahr 2011 lag diese bei Fernuniversitäten bei stolzen 35%, während es sich an Präsenzunis lediglich auf 24% belief. Weitergehend wird das Fernstudium häufig als isolierend wahrgenommen, da der face-to-face Kontakt zu den Kommilitonen nur an den Präsenztagen möglich ist. Sonst ist man dazu gezwungen alleine zu lernen und auch die Vorlesungen ohne Gesellschaft zu erleben. Bei dem enormen Zeitaufwand, den ein Studium erfordert, kann dies auf Dauer sehr zermürbend wirken. Dennoch ist es auch im Fernstudium möglich Kontakte zu knüpfen und sich mit anderen Studenten auszutauschen, auch wenn dies meist nicht in einem persönlichen Gespräch erfolgt. Ob der Online-Kontakt jedoch als adäquater Ersatz für WG-Leben, Treffen im Café, gemeinsames Lernen im Park oder universitäre Partys gesehen werden kann, bleibt fraglich. Auch ein richtiger Campus, Cafeterien, und studentisches Beisammensein fehlen komplett. Für den beruflich involvierten Familienvater wird dies sicherlich das geringste Problem sein aber der 19-jährige Abiturient, der nun ein Vollzeitfernstudium aufnehmen möchte, könnte darunter durchaus leiden, denn auch das Netzwerken ist ein besonderes Element der Persönlichkeitsbildung.

Und was nun?

Zusammenfassend kann man also sagen, dass ein Fernstudium besonders zur beruflichen Weiterbildung im Konzept „lebenslanges Lernen“ eine sinnvolle und durchaus lohnende Alternative bildet. Hier hat man häufig auch den Vorteil, dass der Arbeitgeber das Engagement und die Motivation des Fernstudenten zu schätzen weiß und dies auch zum Ausdruck bringt. Zusätzlich kann man Gelerntes sofort einbringen und seine Position erhöhen. Dies erfordert aber ein hohes Engagement und starke Nerven, denn sonst wird man mit der gesteigerten Belastung nicht fertig. Fernstudien sind aber beispielsweise auch eine gute Möglichkeit für Eltern, die mit der Erziehung der Kinder beschäftigt sind oder um Wartezeiten zu überbrücken. Ebenfalls interessant sind Fernstudien in Vollzeit für Studenten, die an den normalen Präsenzuniversitäten, aufgrund harter Zulassungsbeschränkungen, nicht angenommen werden. Meist haben Fernuniversitäten deutlich lockerere Bestimmungen, was die Aufnahme von Studenten betrifft, da sie sich nicht nach dem räumlichen Platzangebot richten müssen. Hier muss man allerdings in Kauf nehmen, dass man kein richtiges Studentenleben genießen kann und soziale Kontakte eben online knüpfen und pflegen muss. Allerdings muss man hier auch erwähnen, dass wir in einer so vernetzten Welt leben, dass auch solche Umgangsformen Normalität geworden sind. Das Fernstudium ist also, abhängig von den eigenen Kompetenzen und Stärken, eine gute Alternative zu Abendschule und Präsenzstudium. Wer sich für eine solche Möglichkeit entscheidet, der sollte allerdings auch die Nachteile im Kopf behalten- gerade auch, was die Kosten und die Dauer betreffen.

Gastbeitrag von: Sarah Amadio

Sarah Amadio ist Studentin der Germanistik und Philosophie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seit April 2013 unterstützt sie unser Team tatkräftig im Bereich Online-Marketing.

 

 

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Verfolgen Lisa N.:

Nach einem Masterstudium an der Universität Hamburg, habe ich erfolgreich ein Volontariat in einer PR-Agentur absolviert. Bei der YOURCAREERGROUP bin ich seit November 2014 für das B2C Marketing und den Pressebereich zuständig. Weitere Informationen zu mir gibt es auf XING.