Arbeiten und die Welt erkunden – so läuft der Job auf hoher See

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Ferne Länder bereisen, fremde Kulturen erleben – jeder träumt mal davon, die Welt zu entdecken. Leider macht der Arbeitsalltag diesem Traum oft einen Strich durch die Rechnung. Doch was, wenn sich beides verbinden lässt? Arbeiten und dabei die Welt entdecken? Ein Job auf dem Kreuzfahrtschiff macht es möglich!

Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff – Gregor Stute berichtet

Einer, der sich hiermit auskennt, ist Gregor Stute. Der 39-jährige arbeitete jahrelang als IT Officer auf der MS Europa, dem weltbesten Kreuzfahrtschiff. Seit seiner Rückkehr an Land betreibt er den Blog kreuzfahrtjobs.de, wo zahlreiche Infos über die Arbeit an Bord zu finden sind. Im Interview mit Gregor Stute erfahrt ihr mehr über die Besonderheiten des Crewlebens und die Voraussetzungen für einen Job auf einem Kreuzfahrtschiff. Außerdem verrät er uns, was man vom Luxus der MS Europa als Crewmitglied eigentlich mitbekommt und was in seinem Koffer niemals fehlen durfte…

1. Herr Stute, wie kam es dazu, dass Sie auf der MS Europa „anheuerten“?

Das war bei mir ganz zufällig. Eine Freundin hatte den Job ergattert, als ‚Art Director‘ mit Hapag-Lloyds MS Europa im Winter 2001-2002 auf Weltreise zu gehen, musste aber kurzfristig absagen. Ich habe da am nächsten Tag angerufen und den Job bekommen. Meine damalige Firma, Scholz & Friends, war so nett mir ein Sabbatical zu bewilligen. Und so saß ich wenige Wochen später in der Karibik und druckte täglich hunderte Speisekarten, Tagesprogramme und Tageszeitungen. Übrigens ein ganz interessanter Nischenjob, der unter der Bezeichnung DTP Publisher etwas treffender geführt wird.

2. Welche Kriterien sollte man für einen Job auf dem Kreuzfahrtschiff erfüllen?

Vom Fachlichen her Kompetenz im jeweiligen Job, zügiges Arbeiten, die Fähigkeit zur Teamarbeit und zum Improvisieren. Die meisten Jobs an Bord sind relativ hart. Die Handgriffe müssen sitzen, es muss schnell gehen. Vieles geht nur im Team. Manchmal fehlt was, dann muss man kreativ denken. Am Ende soll der Gast ein tolles Reiseerlebnis haben – nur das zählt!
Menschlich sollte man unkompliziert und aufgeschlossen sein und positiv denken. Die Arbeit an Bord ist oft anstrengend, das Zusammenleben im Crewbereich ist eng. Der Einzelne muss sich zurücknehmen. Man wird mit neuen Ländern und Kulturen konfrontiert – draußen, aber auch an Bord. Im Durchschnitt arbeiten über 20 Nationalitäten aus verschiedenen Kontinenten in einer Crew zusammen.

3. Die MS Europa wurde gerade vom Berlitz-Kreuzfahrtenführer zum 13. Mal in Folge als „bestes Kreuzfahrtschiff der Welt“ ausgezeichnet. Was ist so besonders an diesem Schiff?

Das fragen sich viele in der Branche: Wie hat Hapag-Lloyd die Zauberformel gefunden? Douglas Ward vergleicht nicht Äpfel mit Birnen. Wir reden hier von 5* Schiffen. Die Europa tritt gegen Silversea, Seabourn, Paul Gauguin etc. an. Ich persönlich denke, dass die Mischung für den Anspruch und das Klientel genau stimmt: Schiff groß genug für ausreichend Unterhaltung, dennoch klein und exklusiv mit ca. 350 Gästen, tolle Destinationen und abwechslungsreiche Routen, Top Catering (mit Highlights wie Dieter Müller und der Sansibar) und das vielleicht wichtigste – einen Top Service, professionell aber unaufdringlich, bei dem wirklich die ganze Crew eingebunden wird. Da macht auch der Kapitän mal einen Gästewunsch zur Chefsache. Insgesamt steckt da ganz viel Liebe zum Detail drin. Ein Konzept wie dieses kostet im Verhältnis natürlich mehr. Ein Kreuzfahrtunternehmen muss sich eine Europa erst einmal leisten können und wollen. Es ist Hapag-Lloyd zu wünschen dass dieses Konzept auch wirtschaftlich aufgeht.

4. Wie viel von dem Luxus auf der MS Europa bekommt man denn als Crewmitglied überhaupt mit?

Gar nicht so wenig. Von den tollen Destinationen profitiert die gesamte Crew, wenn vielleicht auch nicht immer im selben Maß wie die Gäste. Es ist schon was ganz Besonderes, vor abgelegenen Südseeinseln zu ankern statt im Mittelmeer im Kreis zu fahren. Andererseits sind die Grenzen zwischen Gästen und Crew klarer definiert als auf den ‚Fun Ships‘. Als Offizier kann man am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Für die normale Crew gibt es nach Dienstschluss nur den Crewbereich. Das passt aber auch zum Klientel. Wer möchte schon mit 25 Jahren mit Leuten seine Freizeit verbringen, die Eltern oder Großeltern sein könnten. Letztlich profitiert die Crew auch von Trinkgeldern, die in Relation zum Reisepreis stehen.

5. DJ, Hotelmanager, Tauchlehrer, Techniker, Friseur – auf einem großen Kreuzfahrtschiff findet man viele unterschiedliche Jobs. Welche Stellen sind denn auf einem Schiff besonders häufig zu besetzen?

Das Gros der Stellen entfällt auf die klassischen Hoteljobs: Küche, Restaurants/Bars, Housekeeping, Rezeption. Dann kommen Touristik und Entertainment, inklusive der ganzen Spa und Sport Angebote. Deck und Maschine, die klassischen Schiffsjobs, sind von der Zahl der Mitarbeiter eher kleine Abteilungen.

6. Wie wohnt man als Mitarbeiter auf einem Kreuzfahrtschiff?

Die Crewunterkünfte sind natürlich enger und spartanischer und variieren stark von Schiff zu Schiff. Das Gros der Crew fährt in Zweibett- und Vierbettkabinen. Die Anordnung ist als Stock- bzw. Etagenbetten. Manchmal mit Dusche/WC je Kabine, manchmal mit geteilten Nasszellen. In der Regel mit Fernseher und Minibar-Kühlschrank, sowie etwas beengten Spinden. Wohnsituation und Platzangebot ist mit dem Begriff Jugendherberge treffend beschrieben.

7. Wie viel Freizeit hat man und wie haben Sie und Ihre Kollegen diese verbracht?

Die Freizeit existiert meistens in Form einer langen Mittagspause (ca. 4 Stunden) und der allgemeinen Freizeit nach Dienstschluss. Der ist für die meisten Hoteljobs ca. 22 Uhr. Mittags sind Kreuzfahrtschiffe oft im Hafen, die Gäste auf Ausflug. Dementsprechend versucht man als Crew auch rauszukommen. Taxifahrer in aller Welt sind Deine Freunde – schnell einen Preis ausgehandelt und ab zum nächsten Strand oder Sehenswürdigkeit. Abends sind die Schiffe oft unterwegs zum nächsten Hafen. Daher trifft man sich meist in der Crew-Bar mit Crewmitgliedern aus anderen Abteilungen, oder man nutzt die Zeit auf Kabine um fern zu sehen oder für E-Mails, Facebook etc.

8. In welche Regionen sind Sie gereist und welche Länder haben Sie dabei am meisten beeindruckt?

Ich hatte mit Hapag-Lloyd großes Glück. Wir hatten durch die Bank tolle Destinationen. In meiner Zeit an Bord bin ich mehrmals um die Welt gefahren und habe alle Kontinente gesehen. Besonders beeindruckend fand ich persönlich Asien und die Südsee. Allein schon deshalb hat sich der Job gelohnt.

9. Was hat sie an der Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff besonders begeistert oder fasziniert?

Neben den Reiseaspekten: Die Stimmung und das Miteinander der Crew. Z.B. nach einem Strand Barbecue für die Gäste, für das sich die gesamte Crew ins Zeug gelegt hat, abends auf dem Ankerdeck zusammen zu sitzen und das Gefühl zu genießen, dass alle top Arbeit geleistet haben. Dadurch sind zahlreiche Freundschaften entstanden, von denen viele bis heute bestehen.

10. Wem würden Sie einen Job auf einem Kreuzfahrtschiff weiterempfehlen?

Allen aus der Hotelbranche, die aufgeschlossen sind, Neues entdecken und ihren Horizont erweitern möchten. Am besten Anfang bis Mitte 20 anfangen, mit entsprechender Ausbildung und einschlägiger Berufserfahrung. Ein paar Verträge auf einem Kreuzfahrtschiff können die Karriere aufpeppen. Ich empfehle es auch den aufgeschlossenen Kollegen von Maschine und Deck, als Abwechslung zu den relativ monotonen Jobs auf Frachtern und Tankern.

 11. Wie hoch ist der bürokratische und finanzielle Aufwand für einen Job auf dem Schiff?

Vor dem Anmustern muss man einige Papiere zusammentragen: Seemannsbuch vom Flaggenstaat, Seetauglichkeitsuntersuchung, Visa (hier vor allem das US Seemannsvisum C1/D, für das man nach Frankfurt oder Berlin reisen muss), und die Bescheinigung über das obligatorische STCW 95 Sicherheitstraining, welches in küstennahen Städten wie Hamburg oder Rostock absolviert wird. Je nach Reiseroute auch spezielle Impfungen (z.B. Gelbfieber für Brasilien). Hier wissen aber die Recruiter Bescheid und helfen. Bei wachsender Industrie und starkem Arbeitsmarkt im Inland sind Mitarbeiter für Kreuzfahrtschiffe heute sehr gesucht. Die Kosten für Kurse und Papiere werden daher von den meisten Recruitern voll oder teilweise übernommen.

12. Sind Sie jemals seekrank geworden?

Nein. Auf den meisten Schiffen spürt man heute kaum noch den Seegang. Cap Finisterre ist einer der wenigen Orte, an dem man das mit modernen Schiffen  herausfinden kann.

13. Niemals fehlen durften in Ihrem Koffer…

Meine Kameraausrüstung. Viele Erlebnisse während der Zeit an Bord sind so komprimiert, dass man sie sich nochmal anschauen muss, und manche Motive seiner Weltreisen sieht man vielleicht nie wieder.

 

Zur Person

Gregor Stute (39) arbeitet heute in leitender Position bei einem in der Kreuzfahrt- und Hotelbranche bekannten Softwareunternehmen. Seit 2002 betreibt er zudem privat das Blog kreuzfahrtjobs.de. Nach seinem Studium in Kommunikationsdesign arbeitete er zunächst mehrere Jahre in verschiedenen großen deutschen Werbeagenturen, bevor es ihn schließlich als IT Officer auf die MS Europa verschlug.

 

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